GRUPO CONEXÃO CULTURAL
Kunstkooperative als Völkerverständigung

Elke Grapenthin, Kunsthistorikerin

Seit 2002 existiert durch den Zusammenschluss ursprünglich dreier Künstler aus zwei Kontinenten die „Grupo Conexão Cultural“. Zwei Angolaner und ein Deutscher haben sich zur Pflege eines ungewöhnlichen und intensiven Kulturaustauschs verbunden. Gemeinsam und doch im jeweils eigenen Stil erarbeiten sie Bilder, in denen sich europäische und afrikanische Kunst wie selbstverständlich miteinander vereinen. Die vielen daraus hervorgegangenen Gemälde zeugen von einer lang anhaltenden und gelungenen, vorbildhaften Form der Völkerverständigung.
Mittlerweile beschränkt sich die Gruppe auf die beiden Künstlerfreunde Álvaro Macieira und Horst Poppe, die sich mindestens einmal jährlich in Angola oder Deutschland treffen, um ihre schöpferische Zusammenarbeit fortzusetzen. Nach wie vor gestaltet jeder Maler zunächst allein eine oder mehrere einzelne Leinwände, wobei jedoch ein ständiger Dialog und ein lebhafter Gedankenaustausch stattfinden - manchmal sogar über große Distanz hinweg von einem Erdteil zum anderen. Bildideen werden entwickelt, diskutiert, aufgenommen oder verworfen. Erst nach einer Weile individueller Betätigung legen die beiden Künstler ihre Bildtafeln aneinander und versehen sie an den Rändern mit Überleitungen, die unterschiedliche Gesamtbildlösungen ermöglichen.
Im Laufe der Kooperation veränderte sich nach und nach das Erscheinungsbild ihrer Werke. An ihnen lassen sich die stete Kommunikation und das gute Einvernehmen zwischen den Malern ablesen. Anfangs überwog das Gegensätzliche in den Gemeinschaftswerken und übte seinen Reiz auf den Betrachter aus - gerade im Widerspiel zu den dort außerdem zu entdeckenden Verbindungen, Übergängen und Übereinstimmungen, die u.a. in der Auswahl afrikanischer Muster, Masken und Figuren bestand, auf die beide Künstler zurückgriffen, und die europäischen Stilelemente, die sie anwandten. Inzwischen erscheinen die Gegensätze verschwindend gering gegenüber dem spürbaren Einklang, in dem alle Bildtafeln stehen, und der von ihnen ausgehenden Harmonie - was ihrer Wirkung aber keinen Abbruch tut.
Früher nutzte jeder der Künstler eine eigene Farbpalette. Horst Poppe, der Europäer, bevorzugte die Primärfarben Rot, Gelb und Blau in Kombination mit Weiß, während der Afrikaner Álvaro Macieira neben Erdtönen wie Ocker und Braun z.B. Grünabstufungen einbrachte. So ergaben sich schon im Kolorit aber auch im Malstil deutliche Unterschiede zwischen den beiden Malern.
Neuerdings stimmen die Künstler ihre Farben grundsätzlich aufeinander ab, was sich positiv auf den Zusammenhalt im Gemeinschaftswerk auswirkt. Es erscheint nun noch überzeugender wie aus „einem Guss“, obgleich zwei Maler ganz unterschiedlicher Kulturen hier je eine Bildhälfte erarbeiteten. Auch stilistisch inspirierten sie sich und näherten sich aneinander an, so dass nur bei sorgfältigem Abgleich aller Details klar wird, woran jeder festhielt und was seine Arbeit auszeichnet und qualifiziert.
Neu ist die Reduktion auf wenige Farben. Passend zur Zusammensetzung der Gruppe zeigt sich eine Vorliebe für die Zweifarbigkeit. Gegensätze wie Schwarz und Weiß oder Komplementärpaare wie Blau-Orange und Lila-Gelb dominieren in den neuen Bildern. Aus Blau- und Gelbtönen entwickelt sich bisweilen noch eine grüne Palette oder Rottöne treten hinzu, dem Lila „entschlüpft“. Manchmal vereinen sich alle vier Grundfarben in einem Werk - nicht zu leuch-tend, sondern eher gedämpft. Brauntöne ergeben sich wie zufällig; so mischen sich afrikanische Farbklänge unter europäische... Besonders stechen die Umrandungen der Bildgegenstände hervor, mal weiß, mal dunkel gehalten - farbig immer einen Kontrast bildend zur umrissenen Fläche. Überhaupt scheint das Grafische, die Strichzeichnung – anfangs vom Afrikaner favorisiert - der Malerei den Vorrang abgelaufen zu haben, behauptet sich fast gleichgewichtig und auffällig in beiden Bildhälften. Nun sieht man bei Poppe ebenfalls eine Binnenzeichnung, d.h. größere Flächen, die nicht nur von Linien umrahmt, sondern auch dekorativ durchkreuzt und durchzogen werden, während Macieira diese weiterhin gerne nach dem Vorbild europäischer Künstler wie Picasso und Klee in viele geometrische Einzelformen aufsplittert und die Mehransichtigkeit liebt.
Andererseits stößt man in den Werken häufig auf Tiere oder Menschen, deren Körper als ungeteilte Malfläche dienten und allein aufgrund ihrer Färbung plastisch wirken. Hier lässt sich der Angolaner ab und zu von seinem deutschen Kollegen dazu mitreißen, zugunsten der Malerei die Linie und die flächige Gestaltung zu vernachlässigen.
Insgesamt profitiert jeder der beteiligten Künstler von seinem Partner und der langjährigen Kooperation. Ihre Gemeinschaftsarbeiten haben sich weiterentwickelt, wirken geschlossener, einheitlicher und trotzdem dynamisch. Die Kompositionen sind insgesamt ausgewogen, ihre Einzeltafeln wirken in ihren Einzelheiten gleichberechtigt und –gewichtig. Wurden früher eher zwei Geschichten zusammengefügt, ziehen beide Maler nun offensichtlich an einem „Erzählstrang“, setzt sich das Geschehen von einer Bildtafel zur nächsten fort. Selbst im Temperament stimmen die Teile überein. Es gibt bewegte und ruhige Szenen.
Obgleich eine solche Eintracht in den neuen Gemeinschaftsarbeiten vorherrscht, dass sie wie Kunstwerke aus einer Hand erscheinen, handelt es sich stets um Einzelwerke, die von ihren Urhebern erst nachträglich zusammengefügt wurden. Demzufolge hat jeder von ihnen sein Werk signiert. Und es bleibt tatsächlich genug, was die beiden voneinander unterscheidet.
Nach wie vor ist Álvaro der Meister der flächigen Darstellung, erfasst Darstellenswertes hauptsächlich mittels geometrischer Formen und der Linie, die er bisweilen beinah endlos fortschreibt, um alle Bildgegenstände miteinander zu verbinden. In seinem Bildraum häufen sich, ja überlagern sich die Figuren. Er liebt die Fülle mehr als die freie Fläche – ebenso die Mehrdeutigkeit und Vielschichtigkeit. So kann z.B. ein Teil eines Kopfes bei ihm zu zwei verschiedenen Wesen gehören...
Horst Poppe bleibt vor allem ein Maler, formt gerne mit Farben. So schätzt er freie Flächen wie Zwischenräume, weil sie ihm Raum für malerische Gestaltung bieten. Die plastische und räumliche Wiedergabe liegt ihm besonders, was er kaum verbergen kann, wenn er sich der Darstellung von Menschen zuwendet. Viele seiner Figuren, sogar etliche Masken wirken aufgrund von Mimik oder Gestik trotz starker Abstraktion beseelt, lebensnah.
Gemeinsam ist den beiden Künstlern ihre Liebe zur Kunst Afrikas, aus deren Motivreichtum sie ihre Bilder speisen.